Was hilft bei starken Rückenschmerzen?

Was hilft bei starken Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen – Symptome und Ursachen

Unser Rücken muss einiges aushalten. Er stabilisiert den Körper, hält den Oberkörper aufrecht und trägt große Lasten. Da ist es kein Wunder, wenn er auch mal schmerzt. Rückenschmerzen oder Rückenbeschwerden hat fast jede:r schon erlebt, zum Beispiel nach einer ungewöhnlichen Belastung oder nach langem Sitzen. In solchen Situationen spricht man von akuten Rückenschmerzen. Das heißt, sie treten erstmals oder nach mindestens sechs schmerzfreien Monaten auf und dauern nicht länger als maximal sechs Wochen. Akute Rückenschmerzen verbessern sich meist innerhalb weniger Wochen wieder. Eine Rückkehr an den Arbeitsplatz ist häufig innerhalb eines Monats möglich. (1)

Dauern die Schmerzen länger als drei Monate an oder treten sie immer wieder auf, spricht man von chronischen Rückenschmerzen. Aber nicht allein die Dauer ist entscheidend. Auch begleitende Anzeichen wie negative Gedanken und Gefühle, häufige Arztbesuche oder hoher Tablettengebrauch sind ein Hinweis darauf, dass der Schmerz chronisch geworden ist. (1)

Je nach Intensität und Dauer können Rückenschmerzen Alltagsaktivitäten oder die Lebensqualität beeinträchtigen und mit einem erhöhten Risiko psychischer Erkrankungen (z. B. Depressionen und Ängste) einhergehen. (1)

Digitale Schmerztherapie

Wie viele Menschen sind betroffen?

Schmerzen sind der Hauptgrund, warum Menschen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, wobei Arthrose, Kopfschmerzen und Rückenschmerzen zu den häufigsten zählen. (2) Knapp zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland sind innerhalb eines Jahres von Rückenschmerzen betroffen. Rund ein Fünftel berichtet sogar von chronischen Rückenschmerzen, also von Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und fast täglich auftreten. (3)

Die Häufigkeit von Schmerzattacken nimmt mit dem Alter signifikant zu. 18- bis 29-Jährige haben im Mittel an 4,4 Tagen pro Monat Rückenschmerzen. Bei über 70-Jährigen sind es schon 14,8 Tage. Im Alter nehmen auch die chronischen Rückenschmerzen zu. Während sie bei 4,5 Prozent der 18- bis 29-Jährigen noch relativ selten sind, leidet mit 23,4 Prozent fast ein Viertel der Personen ab 70 Jahren an chronischen Rückenschmerzen (3)

Spezifische und unspezifische Rückenschmerzen

Wenn Schmerzen auftreten, suchen wir als Erstes nach der Ursache. Schließlich ist der Schmerz ein Warnsignal unseres Körpers, das sagt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Bei Rückenschmerzen können häufig Fehlbelastungen die Ursache sein sowie Schädigungen oder Erkrankungen, die Knochen, Gelenke, Bindegewebe, Muskeln oder Nerven betreffen. (3) Auch ein ernster Bandscheibenvorfall, eine Verengung des Wirbelkanals (Spinalkanalstenose) oder ein Wirbelbruch infolge einer Osteoporose können der Grund für Rückenschmerzen sein. Liegt den Schmerzen eine eindeutige medizinische Ursache zugrunde, ist von spezifischen Rückenschmerzen die Rede.

Viel häufiger ist allerdings, dass es keine spezifische Ursache gibt. Dann spricht man von unspezifischen Rückenschmerzen. Diese entstehen aus einem komplexen Zusammenspiel psychologischer, sozialer und biophysikalischer Faktoren. (3) Mindestens 80 Prozent der Rückenschmerzen sind nicht spezifische Rückenschmerzen. (1) Hierzu zählt auch die somatoforme Schmerzstörung. Mit diesem Begriff werden (nach ICD-10) subjektiv empfundene, mindestens sechs Monate anhaltende Schmerzen bezeichnet, die auch nach umfassender medizinischer Diagnostik nicht hinreichend durch eine körperliche Ursache erklärt werden können.

Mehr zur somatoformen Schmerzstörung

Die Psyche: Risiko und Chance

Generell können Schmerzen psychosomatische und psychosoziale Komponenten haben. Auch Rückenschmerzen können durch unsere Psyche beeinflusst oder sogar hervorgerufen werden. Dabei ist es möglich, dass bestimmte Risikofaktoren den Verlauf von Rückenschmerzen nachhaltig beeinflussen. Eine chronische Schmerzerkrankung, also Rückenschmerzen, die über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten nicht weggehen, kann die Folge sein.

So weiß man heute, dass etwa beim Vorliegen depressiver Symptome ein chronischer Verlauf der Schmerzen wahrscheinlicher ist – Betroffene haben dann im schlechtesten Fall praktisch ständig Rückenschmerzen. Dies gilt auch für andere psychische Belastungen: Häufig spielen aktuelle Probleme eine wichtige Rolle, wie Konflikte am Arbeitsplatz oder eine unbefriedigende Arbeit. Auch familiäre Schwierigkeiten, etwa in der Partnerschaft, können Rückenschmerzen verursachen oder sie nachhaltig verstärken. Hinzu kommen Risikofaktoren, die bisher weniger beachtet wurden. Dies können zum einen die aktuellen Vorstellungen von Betroffenen zur Ursache, zum Verlauf und zur Behandlung ihrer Schmerzen sein, sogenannte „Back Beliefs“ oder auch „Rückenschmerzmythen“. Zum anderen ist es wichtig, ob weitere Schmerzen und körperliche sowie seelische Beschwerden vorhanden sind. So sagt das Robert Koch-Institut: „Chronische Rückenschmerzen sind fast immer mehr als Schmerzen im Rücken.“ (1)

Aufgrund des starken Einflusses, den unsere Psyche auf Schmerzen und die Wahrnehmung von Schmerz haben kann, sind Therapien, die dies berücksichtigen, anderen oft überlegen. Wichtig ist, dass die Behandlungen fachübergreifend stattfinden und psychologische Methoden, wie eine kognitive Verhaltenstherapie, miteinbezogen werden. Solche Behandlungsansätze haben sowohl kurz- als auch langfristig die besten Chancen auf Erfolg. (4)

Wo sind Schmerzen im Rücken lokalisiert?

Der Rücken reicht vom Hinterkopf bis zur Gesäßfalte. Er wird unterteilt in den unteren Rücken, den Bereich der Lendenwirbel unterhalb des Rippenbogens und den oberen Rücken auf Höhe der Brustwirbelsäule mit Schultern und Nacken. Da Rückenschmerzen allerdings eine sehr subjektive Erfahrung sind, können die Beschwerden auch etwa im „mittleren Rücken“, „oben links“ oder am ganzen Rücken wahrgenommen werden. (1)

Unterer Rücken

Schmerzen im unteren Rücken, also in der Region unterhalb des Rippenbogens und oberhalb der Gesäßfalte, sind doppelt so häufig wie Schmerzen im oberen Rücken. (3) In der Allgemeinbevölkerung treten schmerzhafte Rückenprobleme, die den unteren Bereich betreffen, mit 52,9 Prozent also deutlich häufiger auf als Schmerzen im oberen Rückenbereich mit 27,4 Prozent. 38,5 Prozent der Betroffenen geben an, dass ihre Schmerzen des unteren Rückens auch in die Beine ausstrahlen. (3) Doch wodurch entstehen sie? Anatomisch sind die fünf Lendenwirbel und ihre Verbindungen, das Kreuzbein, das Steißbein und die Bandscheiben, umgeben von zahlreichen Bändern, Sehnen und Muskeln. Die nach hinten gerichteten Fortsätze der Lendenwirbelkörper bilden einen Kanal, der den unteren Anteil des Rückenmarks einschließt. Jede dieser Strukturen kann die Quelle von Schmerzen sein.

Mehr zu Schmerzen des unteren Rückens

Oberer Rücken:

Schmerzen an der oberen Wirbelsäule und im Bereich des Nackens sind typisch für Rückenprobleme im oberen Rücken. Laut einer Untersuchung des Robert Koch-Instituts gab knapp die Hälfte der Befragten an, im vergangenen Jahr unter Nackenschmerzen gelitten zu haben. Frauen waren dabei häufiger betroffen als Männer. (3) Die Schmerzen strahlen oft in die Schultern, die Arme oder in den Hinterkopf aus. Auch hier gibt es spezifische und unspezifische Auslöser. Ursächlich kann eine falsche Körperhaltung, etwa am Arbeitsplatz, oder auch ein Bandscheibenvorfall sein. Psychische Einflüsse können ebenso relevant sein. (3)

Mehr zu Schmerzen in Schultern und Nacken

Was sind Ursachen für (chronische) Rückenschmerzen?

Für spezifische Rückenschmerzen gibt es vielfältige Ursachen. Die Schmerzen können möglicherweise ein Anzeichen sein für Krankheiten der Wirbelsäule, Krankheiten an inneren Organen, z. B. eine Nierenbeckenentzündung, krankhafte Prozesse wie das Zusammenbrechen von Wirbeln bei Osteoporose (verringerte Knochendichte) oder nach einem Unfall, eine Entzündung oder ein Tumor sowie Probleme im Bereich der Muskulatur, der Bandscheiben oder der Nervenwurzeln. Auch Schmerzen im oberen Rücken können auf Krankheiten hindeuten. Sie können eine mechanische Komponente (etwa Halswirbelbandscheiben, Wirbelgelenke, Bänder), eine Nervenkomponente (Reizung oder Schädigung einer Nervenwurzel, zum Beispiel infolge eines Bandscheibenvorfalls) oder eine Kombination aus beidem haben. (5)

Bei den allermeisten Personen mit Kreuzschmerzen lässt sich jedoch keine eindeutige Ursache für die Beschwerden finden. Hier liegt daher ein nicht spezifischer Rückenschmerz vor.

Auslösende/aufrechterhaltende Faktoren für einen solchen Schmerz können sein:

  • Bewegungsmangel/Verlust der Mobilität
  • eine schwache Rumpfmuskulatur, beziehungsweise eine generelle Abnahme der körperlichen Fitness
  • unangemessenes schmerzbezogenes Verhalten wie Passivität, Schonhaltung, Überaktivität, „Durchhalten“
  • psychische Belastungen wie Stress am Arbeitsplatz, finanzielle oder familiäre Sorgen, Ängste, Selbstzweifel, Depressionen
  • katastrophisierende Vorstellungen (z. B. „ich bin ein hoffnungsloser Fall; wenn es so weitergeht, werde ich im Rollstuhl landen; mir ist nicht zu helfen“),
  • Veränderungen bei der Schmerzwahrnehmung im zentralen Nervensystem
  • familiäre Veranlagung (6)

Halten Rückenschmerzen über lange Zeit an, können sie chronisch werden. Viele Menschen leiden schon Monate oder Jahre an starken – manchmal extremen – Rückenschmerzen. Wichtig ist: Chronische Rückenschmerzen sind fast immer mehr als Schmerzen im Rücken. Auch die Psyche ist an solchen Schmerzen beteiligt. Es gibt Faktoren, die das Risiko einer Chronifizierung erhöhen. Dazu zählen beispielsweise Belastungen durch den Arbeitsplatz, wie Unzufriedenheit mit dem Job, monotone Arbeiten oder Konflikte. Auch soziale Komponenten können zu einer Chronifizierung beitragen. Wichtige Kriterien sind hier Bildung, Beruf, Einkommen oder Schmerzereignisse im früheren Leben. Psychische Faktoren wie ungünstige Vorstellungen und Einstellungen, unrealistische Befürchtungen, Depressivität, passive oder hyperaktive Verhaltensweisen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. (1)

Welche Ärztin/welcher Arzt hilft bei Rückenschmerzen und wie werden sie behandelt?

Wer über anhaltende Schmerzen im Rücken klagt und Hilfe sucht, sollte eine:n Neurochirurg:in oder Orthopäd:in aufsuchen. Wichtig ist eine Spezialisierung auf die Wirbelsäule. Wenn Rückenschmerzen immer wieder auftreten oder über Wochen anhalten und zu Beeinträchtigungen im Alltag, wie länger anhaltender Arbeitsunfähigkeit, führen, kann es auch sinnvoll sein, ein:e Schmerztherapeut:in oder eine schmerztherapeutische Einrichtung aufzusuchen.

Möglicherweise können in diesem Fall auch Digitale Gesundheitsanwendungen, die sofort zugänglich sind und eigenständig angewendet werden, eine Behandlungsoption bieten. Die Kosten dieser sogenannten DiGA werden nach Verordnung durch Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen von den Krankenkassen übernommen. Sie haben auch die Möglichkeit, direkt bei Ihrer Krankenkasse dazu nachzufragen. Der Online-Kurs von Selfapy bietet Unterstützung bei chronischen Schmerzen und Rückenschmerzen, ist flexibel durchführbar und kostenfrei auf Rezept erhältlich.

Schmerztherapeut:innen in Ihrer Nähe finden Sie bei der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) e. V. unter https://www.dgschmerzmedizin.de/ueber-die-dgs/regionale-schmerzzentren-dgs/

Weitere Ansprechpartner:innen finden Sie auf der Website gesund.bund.de. Dort können Sie gezielt nach (Fach-)Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen und anderen Spezialist:innen in der Nähe Ihres Wohnortes suchen.

Diagnose: mögliche Ursachen finden – oder nicht?

Eine sorgfältige Diagnose dient dazu, die Ursachen der Schmerzen zu entdecken. Außerdem soll ihre Schwere bestimmt werden, und man möchte herausfinden, ob die Gefahr eines chronischen Verlaufs besteht oder dieser womöglich bereits eingetreten ist. (1)

Am Anfang wird die Ärztin oder der Arzt im Rahmen der sogenannten Anamnese die Beschwerden und gegebenenfalls die (Leidens‑) Geschichte genau erfragen und dabei zum Beispiel folgende Fragen stellen:

  • Wo befindet sich der Schmerz und wohin strahlt er aus?
  • Wie lange dauert er schon an?
  • Wie stark ist der Schmerz?
  • Gab es frühere Schmerzepisoden?
  • Was verursacht oder verstärkt den Schmerz oder schafft Erleichterung?
  • Gab es bereits Behandlungen und mit welchem Ergebnis?
  • Liegen psychische oder soziale Belastungen vor?
  • Wie sind die Vorstellungen und Einstellungen zum Rückenschmerz?
  • Liegen Begleitbeschwerden und -krankheiten vor?

Anschließend können körperliche Untersuchungen und gegebenenfalls weitere diagnostische Maßnahmen erfolgen. Bei der körperlichen Untersuchung prüft die Ärztin oder der Arzt, ob Kraft und Beweglichkeit dem Alter entsprechen und ob Reflexe oder das Empfindungsvermögen gestört sind. Eingeklemmte Nerven und Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und des Bewegungsapparats führen oft zu einem beeinträchtigten Sensibilitäts- oder Empfindungsvermögen. Auch bildgebende Verfahren wie Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT), Röntgenuntersuchungen sowie Knochendichtemessung oder Nervenuntersuchungen können weitere Hinweise auf eine mögliche Ursache geben. Wenn Anamnese und körperliche Untersuchung keinen Verdacht auf gefährliche Ursachen ergeben, erfolgt in der Regel zunächst keine weitere Diagnostik. (7)

Allerdings gibt es bestimmte Hinweise, bei denen eine genauere Diagnostik stattfinden sollte: Gewichtsverlust, Müdigkeit, Antriebslosigkeit können auf schwerwiegendere Erkrankungen wie einen Tumor hinweisen. Hinter Fieber oder Schüttelfrost könnte eine Infektion stecken. Nach einem Unfall ist auf Knochenbrüche zu untersuchen, und bei Lähmungen oder Veränderungen der Wahrnehmung von Sinnesreizen könnten Nervenschädigungen vorhanden sein.

Für die meisten Rückenschmerzen gibt es aber keine spezifische Ursache, eine umfangreiche Diagnostik würde hier nicht zum Ziel führen. Deshalb wird bei akuten oder gleichförmigen chronischen Rückenschmerzen heute bewusst auf diese Untersuchungen verzichtet. Entscheidend ist nur: Der Schmerz ist da und muss behandelt werden.

 

Nur die Betroffenen selbst können ihren Schmerz beurteilen und seine Stärke benennen. Deshalb kommt in der Schmerztherapie eine Schmerzskala zum Einsatz.

So kann jede:r auf einer Skala von 0 (= kein Schmerz) bis 10 (= stärkster vorstellbarer Schmerz) angeben, wie stark sein Rückenschmerz ist. Das hilft bei der Beurteilung des Schweregrades der Rückenschmerzen und auch, um den weiteren Verlauf und den Erfolg einer Therapie zu bewerten.

Droht der Schmerz chronisch zu werden?

Ärzt:innen können schon früh einschätzen, wie hoch das Risiko dafür ist, dass Rückenschmerzen chronisch verlaufen. Bestimmte psychische und soziale Faktoren machen den Übergang von akuten zu chronischen Verläufen wahrscheinlicher (1):

  • Depressivität
  • Stressempfinden (bezogen auf Beruf und Arbeit)
  • Schmerzvermeidungsverhalten
  • Hilf- und Hoffnungslosigkeit, „Katastrophisieren“
  • passives Schmerzverhalten (ausgeprägte Schon- und Vermeidungshaltung)
  • weitere körperliche Beschwerden ohne erkennbare Krankheitsursache (psychische Komponente)
  • negative Krankheitsvorstellungen

Liegen einer oder mehrere dieser Faktoren vor, sollte auch eine psychologische Untersuchung Teil der Diagnose sein.

Behandlung: Rückenschmerzen – was tun?

Die Therapie bei (chronischen) Rückenschmerzen ist multimodal, das heißt, sie besteht aus mehreren ineinandergreifenden medizinischen, psychologischen und physiotherapeutischen Maßnahmen. Gibt es keine Hinweise auf spezifische Ursachen, dann erfolgt eine gezielte Behandlung der Symptome. Dabei sollten immer auch die psychologischen und sozialen Risikofaktoren berücksichtigt werden.

Wundermittel gibt es leider bei Rückenschmerzen ebenso wenig wie bei anderen Erkrankungen. Daher steht die Aktivierung bei der Behandlung ganz oben auf der Liste – und Bewegung. Übungen sowie Aktivität sind von zentraler Bedeutung. Psycho- und physiotherapeutische Behandlungen sollten deshalb fester Bestandteil der Therapie von Rückenschmerzen sein.

Folgende Behandlungsoptionen können eingesetzt werden:

Nichtmedikamentöse Therapie:

  • Patienteninformation und Beratungsgespräche sind die Basis jeder Behandlung. Sie helfen, die Lebenswirklichkeit und psychologische Situation der Patient:innen zu Hause, aber auch in der Arbeitswelt und Freizeitgestaltung, zu berücksichtigen.
  • Kognitive Verhaltenstherapie bei vorliegenden psychischen und sozialen Risikofaktoren: Das kognitive Verhaltensmodell und der Ansatz der kognitiven Verhaltenstherapie (CBT) sind derzeit eindeutig der vorherrschende psychologische Rahmen und Behandlungsansatz für chronische Schmerzen. (4)
    • Man geht davon aus, dass Gedanken, Überzeugungen und Verhaltensmuster für das Verständnis der Anpassung an chronische Schmerzen wichtig sind. (4)
    • Sie können durch spezifische Methoden – Training und Lernen – gezielt verändert werden. (4)
  • Entspannungsverfahren wie progressive Muskelrelaxation oder autogenes Training können angewandt werden, wenn ein erhöhtes Risiko eines chronischen Verlaufs besteht
    • Bei chronischen nicht spezifischen Rückenschmerzen werden sie empfohlen.
  • Bewegungs-, Sport- und Ergotherapie (multimodale Behandlungsprogramme)
  • Manuelle Therapie: Manipulation/(Chirotherapie)/Mobilisation in Kombination mit Bewegungstherapie
  • Massage: insbesondere in Kombination mit Bewegungstherapie
  • Eine Rückenschule ist dann zu empfehlen, wenn chronische nicht spezifische Rückenschmerzen vorliegen.
  • Wärmetherapie kann bei akuten, nicht spezifischen Rückenschmerzen eingesetzt werden.

Unterstützend verschreiben Ärzt:innen auch Medikamente zur Therapie des nicht spezifischen Rückenschmerzes. Auf diese Weise soll es den Betroffenen ermöglicht werden, ihre schmerzbedingt gemiedenen alltäglichen Aktivitäten wieder aufzunehmen.

Auch Digitale Gesundheitsanwendungen, die sofort zugänglich sind und eigenständig angewendet werden, können eine Behandlungsoption sein. Der Online-Kurs von Selfapy bietet Unterstützung bei chronischen Schmerzen und Rückenschmerzen, ist flexibel durchführbar und kostenfrei auf Rezept erhältlich. 

Mögliche Folgen: Arbeitsunfähigkeit und Frührente

Länger andauernde und wiederkehrende Rückenschmerzen können dazu führen, dass sich Betroffene im Beruf, in der Familie und in der Freizeit nicht mehr wie gewohnt einbringen können. Die Lebensqualität kann darunter erheblich leiden.

Im beruflichen Kontext bedeutet das eine geringere Arbeitsproduktivität bis hin zum Arbeitsausfall. In der Rangliste der zehn Erkrankungen mit den längsten Arbeitsunfähigkeitszeiten liegen die Rückenschmerzen unter den AOK-Pflichtmitgliedern mit 14,5 Millionen Arbeitsunfähigkeitstagen (AU-Tage) auf dem ersten Rang. Wie lange Betroffene krank sind, ist individuell unterschiedlich – im Schnitt waren es pro Fall aber 11,7 AU-Tage. Bei Frühberentungen, also Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (= Erwerbsminderungsrente), stehen Muskel- und Skelettkrankheiten an zweiter Stelle. (3)

Die Arbeit kann aus unterschiedlichen Gründen Rückenschmerzen verursachen oder begünstigen, zum Beispiel durch langes Sitzen oder Stress und Druck am Arbeitsplatz. Aber auch eine hohe körperliche Belastung, wie das Tragen und Heben schwerer Lasten, Vibrationen und Arbeiten in ungünstigen Körperhaltungen, gehen auf den Rücken.

Langjährige und sehr schwere körperliche Arbeit ist als Risikofaktor gesetzlich anerkannt. Einige wenige Rückenerkrankungen sind daher als Berufserkrankung anerkannt:

  • Bandscheiben-bedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung (BK-Nr. 2108; Bundesarbeitsblatt 10-2006),
  • Bandscheiben-bedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen (BK-Nr. 2110; Bundesarbeitsblatt 7-2005; die Ziffer 2109 bezieht sich auf Erkrankungen der Halswirbelsäule) (1)

 

Quellen:

(1) Robert Koch-Institut, Statistisches Bundesamt, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Themenheft 53, Rückenschmerzen, 2012, Online unter https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsT/rueckenschmerzen.pdf?__blob=publicationFile. Zuletzt abgerufen am 15.11.2022.
(2) Cohen SP, Vase L, Hooten WM. Lancet 2021; 397: 2082–97.
(3) Robert Koch-Institut, Destatis, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Journal of Health Monitoring, Prävalenz von Rücken- und Nackenschmerzen in Deutschland. Ergebnisse der Krankheitslast-Studie BURDEN 2020. Online unter https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_S3_2021_Rueckenschmerz_Nackenschmerz.pdf?__blob=publicationFile. Zuletzt abgerufen am 15.11.2022.
(4) Pincus, Tamar; McCracken, Lance M. (2013). Psychological factors and treatment opportunities in low back pain. Best Practice & Research Clinical Rheumatology, 27(5), 625–635.
(5) Popescu A, Lee H. Neck Pain and Lower Back Pain. Med Clin North Am. 2020 Mar;104(2): 279–292.
(6) IQWiG. Rücken- und Kreuzschmerzen. Online unter https://www.gesundheitsinformation.de/ruecken-und-kreuzschmerzen.html. Zuletzt abgerufen am 15.11.2022.
(7) Chenot JF, Greitemann B, Kladny B, Petzke F, Pfingsten M, Schorr SG: Clinical practice guideline: Non-specific low back pain. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 883–90. DOI: 10.3238/arztebl.2017.0883 Online unter https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=195478  Zuletzt abgerufen am 17.11.2022.